Mögliches AfD-Verbot: Gutachten liefert neue Argumente

Mögliches AfD-Verbot:Gutachten liefert neue Argumente

von Charlotte Greipl
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Können die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes herangezogen werden, um ein Parteiverbot zu begründen? Ein neues Gutachten könnte die Debatte um den Umgang mit der AfD befeuern.

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Wie umgehen mit der AfD? Ein juristisches Gutachten der Universität Köln nimmt die Erkenntnisse, die einem möglichen Parteiverbot zu Grunde liegen könnten, unter die Lupe.

Quelle: dpa

Als im Mai das Bundesamt für Verfassungsschutz seine Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch bekanntgab, warf das wieder einmal die Frage nach einem Umgang mit der Partei auf. Die Frage nach einem Verbot ist nicht neu, doch sie ist rechtlich wie politisch heikel.

Nun setzt sich erstmals ein juristisches Gutachten mit der Frage auseinander, inwiefern die Erkenntnisse, auf die der Verfassungsschutz seine Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch stützt, herangezogen werden können, um ein mögliches Parteiverbot zu begründen.

Autor des Gutachtens, das am Donnerstag veröffentlicht wird und dem ZDF bereits jetzt vorliegt, ist Professor Markus Ogorek, Direktor des Instituts für Öffentliches Recht und Verwaltungslehre der Universität zu Köln, der schwerpunktmäßig zu Nachrichtendiensten forscht.

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Zwei unterschiedliche Instrumente

Klar ist: Die nachrichtendienstliche Einstufung einerseits und ein etwaiges Parteiverbot andererseits sind zwei unterschiedliche juristische Instrumente, die sich in ihren Zielen und Voraussetzungen unterscheiden.

Eine Partei kann nur in einem aufwendigen Verfahren durch das Bundesverfassungsgericht verboten werden, das auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung tätig wird. Die Hürden sind hoch - so hoch, dass ein Verbot erst zweimal in der deutschen Geschichte gelang.

Die Einstufung als gesichert rechtsextremistisch wiederum nimmt das Bundesamt für Verfassungsschutz vor. Seine Aufgabe ist es, Informationen über "Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind" zu sammeln und auszuwerten.

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Erkenntnisse für ein Verbotsverfahren

Kurz nachdem der Verfassungsschutz im Mai bekanntgegeben hatte, dass er die AfD als gesichert rechtsextremistisch einstuft, war das eigentlich für den internen Gebrauch bestimmte Gutachten an die Öffentlichkeit gelangt.

Welche Erkenntnisse lassen sich also daraus für ein mögliches Parteiverbot gewinnen? Die Voraussetzungen für ein Parteiverbot definiert das Grundgesetz. Verfassungswidrig sind danach nur solche Parteien, ...

... die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.

Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

Knackpunkt ist also in beiden Fällen: Wird die freiheitliche demokratische Grundordnung angegriffen?

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Der Brandenburger Verfassungsschutz hat den AfD-Landesverband in einem Gutachten als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Die Partei wehrt sich gegen die Entscheidung.

14.08.2025 | 1:30 min

AfD verwende "ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff"

Hierzu äußert sich das Gutachten des Verfassungsschutzes ausführlich: Die AfD greife zentrale Grundprinzipien der Verfassung an - insbesondere die Menschenwürde - indem die Partei einen "ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff" verwendet.

Die AfD, so das Gutachten, unterscheide zwischen dem Staatsvolk, das sich aus deutschen Staatsangehörigen zusammensetzt und einem ethnisch bestimmten deutschen Volk. Sogenannte "Passdeutsche" sind in dieser Logik keine gleichwertigen Staatsbürger. Das widerspricht dem Grundgesetz.

Doch für ein Parteiverbot ist erforderlich, dass die Partei eine kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung einnimmt. Diese Frage beantworte das Verfassungsschutzgutachten nicht abschließend, schreibt Professor Ogorek in seiner Untersuchung - doch er sieht in dem Gutachten auch viele Belege, die dafür sprechen.

Berlin: Personen halten am bundesweiten Aktionstag "Keine Ausreden mehr - AfD-Verbot jetzt!" am Brandenburger Tor Schilder mit der Aufschrift _AfD Verbot jetzt_ in die Höhe.

Die Organisatoren fordern von der Politik, ein Verbotsverfahren gegen die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht einzuleiten. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis rief zu Demos auf.

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Maßstäbe "weitgehend vergleichbar"

Das Fazit der Untersuchung ist daher eindeutig: Dem AfD-Gutachten komme "eine wesentliche Bedeutung im Hinblick auf die Vorbereitung eines etwaigen Parteiverbotsverfahrens" zu, die rechtlichen Maßstäbe seien "weitgehend vergleichbar".

Die AfD hat gegen ihre Einstufung als gesichert rechtsextremistisch geklagt, das Verfahren liegt nun beim Verwaltungsgericht Köln. Unabhängig davon könnte bereits jetzt ein Parteiverbotsverfahren vorbereitet werden.

Die Untersuchung der Universität Köln zeigt, dass es dafür gute juristische Argumente gibt - doch ob ein entsprechender Antrag gestellt wird, bleibt eine politische Entscheidung.

Charlotte Greipl ist Redakteurin in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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